Archiv der Kategorie: Geschichte(n) aus dem Waageplatz-Viertel

Wir sammeln hier Erzählungen und historische Geschichte(n) aus unserem Viertel.

Wüstengestrüpp und Seegurken: Mit Peter Forsskål auf Reisen

Der Name Forsskål ist nur unter Spezialisten ein Begriff; die meisten werden ihn nie gehört haben. Auf der Gedenktafel am Haus Obere Masch Straße 5 liest man, er sei Forschungsreisender gewesen, was neugierig macht: Wohin führten ihn seine Reisen, was erforschte er dort?

Die Reise, die ihn berühmt machte, fand zwar nach seinem Göttingen-Aufenthalt statt, andererseits wurde die Idee zu der Expedition damals geboren. Peter Forsskål erblickte 1732 in Helsinki das Licht der Welt und schrieb sich schon mit zehn Jahren an der Universität Uppsala ein, was damals nicht ganz ungewöhnlich war. Bei Carl von Linné wurde er zum „Naturhistoriker“ und lernte, Lebewesen zu klassifizieren. Als er 1753 in die Universitätsstadt an der Leine kam, studierte er jedoch bei dem Orientalisten Johann David Michaelis, der im November diesen Jahres bei einem Vortrag vor der Akademie eine Reise nach Arabien vorschlug. Als Linguist kannte er zwar die hebräischen Wörter für viele Tier- und Pflanzenarten, die im vorderasiatischen Raum vorkommen, konnte sich aber keine Vorstellung von ihrem Aussehen machen. Michaelis schätzte Forsskål bald als eifrigen Studenten, der einen kritischen Geist besaß und alles hinterfragte, und schlug ihn für die geplante Expedition vor.

Bevor die Reise jedoch begann, kehrte Forsskål zunächst einmal nach Kopenhagen zurück. Dort bemühte er sich, eine aufklärerische Grundsatzschrift zu publizieren, die der Ausgangspunkt für seine Dissertation sein sollte: „Tankar om Borgerliga Friheten“, auf deutsch: Gedanken über bürgerliche Freiheiten. Er forderte darin nicht nur Presse-, sondern auch Religionsfreiheit und das Recht, Glaubensinhalte zu hinterfragen, zudem stellte er die privilegierte Stellung Einzelner in Frage, was in der herrschenden Ständegesellschaft damals die Regel war. Die Philosophische Fakultät der Universität Uppsala weigerte sich prompt, das (lateinische) Exposée zu publizieren. Das Thema wurde als „sehr delikat“ beurteilt, und die königliche Kanzlei betrachtete es sogar als gefährlich. Die Druckausgabe, die schließlich doch im November in Stockholm erschien, wurde verboten. Die im Umlauf befindlichen Drucke sollten konfisziert werden, was jedoch nicht sehr gründlich umgesetzt wurde. Forsskål hatte sich schon ein zu großes Renommé erworben, und er war ja auch als Mitglied jener Expedition vorgesehen, dessen Finanzierung der dänische König Friedrich V. übernommen hatte: der Orientalischen Reise.

Die „Arabische Reise des Carsten Niebuhr“, als welche die Expedition bekannt wurde, war von Michaelis zwischenzeitlich zu einer europäische Angelegenheit erhoben worden. Er hatte Forscher in allen Ländern aufgerufen, Fragestellungen einzureichen, die auf der Reise geklärt werden sollten – der Katalog umfasste schließlich mehrere hundert Fragen, etwa nach dem Charakter des Manna in der Bibel, nach „reinen“ und „unreinen“ Tieren und den Heuschrecken der ägyptischen Plagen. Neben Peter Forsskål als Botaniker und Zoologe sowie dem Mathematiker Carsten Niebuhr (1733-1815), der die Unternehmung leitete, gehörten dem Team noch der Arabist Friedrich Christian von Haven (1727-1763) an, der Arzt Christian Carl Cramer (1732-1764), der Zeichner und Kupferstecher Georg Wilhelm Baurenfeind (1728-1763) und der Dragoner Berggren. Bis auf Niebuhr kehrte keiner der Teilnehmer lebend von der Reise zurück, die bis 1766 dauerte. Von Alexandria aus reiste man zunächst durch Ägypten zum Roten Meer und in den Jemen, um von dort nach Bombay aufzubrechen. Schon während dieses Abschnitts der Reise erkrankte einer nach dem anderen an Malaria und starb (Niebuhr erklärte dies allerdings damit, dass sie sich nicht auf die tropische Lebensweise einstellen wollten). Nun allein auf sich gestellt, setzte Carsten Niebuhr seine Reise von Indien zurück nach Persien und Palästina fort. Er publizierte seinen Reisebericht ab 1772 als „Beschreibung von Arabien“, dem eine mehrbändige Ausgabe folgte. Die Aufzeichnungen seines Kollegen Forsskål hatte Niebuhr gleich nach dessen Tod nach Kopenhagen geschickt und zitierte ihn deshalb in seinem Bericht nur aus der Erinnerung. Sein primär philologisches Interesse galt dabei der Identifizierung von Tieren oder Pflanzen, deren arabische Namen bekannt waren, und weniger der naturkundlichen Beschreibung der Tiere. 1775 publizierte er jedoch die lateinischen Originaltexte, die Peter Forsskål verfasst hatte, und im Jahr darauf wurden auch die zugehörigen Zeichnungen gedruckt.

Zygophyllum desertorum, nach Forskål 1776, Tafel 11 (Digitalisat der SUB)

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Historische Spuren in der Mauer am Leinekanal

Wenn man von der Brücke bei der Stockleffmühle aus auf die Mauer am Leinekanal blickt, sieht man historisches Mauerwerk aus Kalkstein und einzelnen Sandsteinquadern, das einiges von der Geschichte des Waageplatzes verraten kann. Gleich nördlich der Fußgängerbrücke erkennt man einige Quader, die eine senkrechte Kante bilden. Hier endete einst das Brauhaus, das um 1735 auf dem Platz errichtet worden war. Es enthielt zwei Räume mit Braukesseln (Bütten) sowie an den Schmalseiten je einen Keller zum Kühlen des Bieres. Da sich herausstellte, dass die beiden Räume jeweils für sich zu beengt waren, wurde bald die Trennwand entfernt und eine mittige Braupfanne mit Abzugshaube eingebaut.

Aufriss der Mauer am Leinekanal (nicht verzerrungsfrei) mit dem Umriss des ehemaligen Brauhauses (grau, gespiegelt Ansicht vom Waageplatz her). A: Fußgängerbrücke, B: Rampe, C: Rohr (ehemalige Kuhleine), D: Mauerecke, E: vermauerte Öffnungen.

Modell des Waageplatzes mit Rekonstruktion des Brauhauses mit dem Grundriss des Nebengebäudes südlich davon und dem Standort der Hauptwache.

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Wenn die Synagoge wieder auftaucht

Die Synagoge war neben der Staatsanwaltschaft bis 1938 das beherrschende Gebäude im Maschviertel: Zum Synagogenplatz präsentierte sich eine hohe Backsteinwand mit großen Rundbogenfenstern und lisenengegliederter Fläche, während zur Oberen Masch zwei schlanke, fast 20 Meter hohe, oben achteckige Türme aufragten. Zur Unteren Masch Straße hin wirkte das Gebäude bescheidener, eher wie ein „normales“ Wohnhaus. Man mag zunächst denken, die Synagoge habe direkt auf dem Platz gestanden, also an der Stelle des Mahnmals, aber sie erhob sich südlich davon, im Bereich des Hauses Obere Masch Straße 10 und dem Eckhaus zur Unteren Masch Straße. Bei Kanalbauarbeiten kamen Anfang Juli 2019 vor dem Eingang zum Eckhaus (Nr. 13) überraschend alte Mauerreste zum Vorschein, die mit der Synagoge in Verbindung zu bringen sind. In einem Stichgraben für einen Hausanschluss der Abwasserleitung, der 4-6 m von der Straße entfernt die Fassade erreichte, war eine schmale Mauer aus Kalkbruchsteinen mit weichem Mörtel zu sehen. Sie verlief 0,65-0,85 m von der Hauswand entfernt in Ost-West-Richtung und war knapp 0,5 m breit. Zur Synagoge selbst wird sie kaum gehört haben; vielmehr dürfte es sich um das Fundament der Gartenmauer um das Synagogengrundstück handeln.

Hinter der Baggerschaufel werden die Fundamente der Synagogenmauer sichtbar

Ansicht der Synagoge vor der Zerstörung von Nordosten; der rote Pfeil zeigt die Stelle des Fundaments an, das 2019 zum Vorschein kam.

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Leerstelle mit Vergangenheit: Der Standort des ehemaligen Reformierten Studienhauses

Nördlich des Waageplatzes befindet sich ein kleiner Parkplatz, der den meisten Passanten nicht besonders auffällt. Dabei ist dieser Freiraum sowohl für sich historisch interessant, wie auch das Gebäude, das dort bis 1964 stand: das „Reformierte Studienhaus“.

Als Leerfläche zeugt das Areal von den zeitweise großen Freiflächen, die sich durch den Abriss vieler alter Häuser in der Innenstadt in den späten 1960er und 70er Jahren ergaben. Diese Flächen wurden zum Teil erst viele Jahre später wieder bebaut, wenn sich die Stadt, die Investoren und nicht zuletzt die Bürgerinitiativen geeinigt hatten, die sich gegen den Kahlschlag und den rücksichtslosen modernen Neubau wehrten. Der Abriss des Reformierten Studienhauses stand fast am Anfang dieser beispiellosen Umbauwut, der erhebliche Teile der Innenstadt zum Opfer fielen. Die Stadt war als eines von sechs Oberzentren in Niedersachsen vorgesehen, und dafür musste viel gebaut werden. Nach dem „Generalverkehrsplan“ des Bauingenieurs Johannes Schlums von der TU Hannover sollte die mittelalterliche, enge Innenstadt dem modernen Verkehr geöffnet und „erneuert“ werden. Eine Ringstraße, die von der Bürgerstraße über die Berliner Straße bis in den Nikolausberger Weg reichte, leitet seitdem die Autos um die Stadt herum. Mehrspurige Einfahrttrichter führen in die Außenbezirke der Altstadt, wo Parkhäuser und große Parkplätze Stellflächen für Beschäftigte und Ladenbummler bieten. Gebaut wurden die Parkhäuser am Groner Tor und am Geismar Tor, und dazu wurde ein großer Parkplatz am Geismar Tor etabliert. Nach dem Abriss der Häuser am Weender Tor und an der Reitstallstraße diente die Brachfläche dort lange als Parkplatz, bevor man wieder Wohn- und Geschäftshäuser errichtete. Umsatzfördernde Großkaufhäuser sollten die kleinteilige Ladenstruktur ersetzen bzw. ergänzen, die Göttingen bis dahin geprägt hatte.

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Blumentag – auch im Maschviertel

Die historische Aufnahme von der Goetheallee beim Graetzelhaus, auf der ein Karussell bei der Brücke über den Leinekanal zu sehen ist, entstand am sogenannten „Margeritentag“, dem 9. Juli 1911.

Foto: Stadtarchiv Göttingen

An diesem Tag war die Stadt festlich mit Blumengirlanden geschmückt, es gab einen Umzug durch die Straßen der Stadt, in denen sich tausende Menschen drängelten. Der Abend wurde mit einem Konzert und Tanz im „Stadtpark“ abgeschlossen; dazu gab es ein Feuerwerk. Während des ganzen Tages liefen zweihundert bis dreihundert „Blumenmädchen“ durch die Stadt und verteilten gegen eine Spende künstliche Margeriten sowie Postkarten. Der Erlös sollte der „Kinderwohlfahrt“ zugute kommen, also Kinderpflegevereinen, Ferienkolonien und Walderholungsstätten sowie ganz besonders Kinderkliniken. Die Käufer der Blumen steckten sich diese in die Knopflöcher oder zwischen die Schnürsenkel, so dass alle Bürger der Stadt an diesem Tag mit Blumen geschmückt waren. Die Blumenmädchen kamen aus den bürgerlichen Familien und zogen sich zur Feier des Tages die schönsten Kleider an. Weiterlesen

Mittelalterliches Rennen und Stechen auf dem Waageplatz

Ein alter Name für den Waageplatz lautet „Kleiner Freudenberg“. Der „große Freudenberg“ befand sich an der Stelle des späteren Reitstalls bzw. des jetzigen Carré-Gebäudes. Die Namen verweisen auf die glänzenden Turniere, „Hof- und Freudenfeste“, die hier im 14. und 15. Jahrhundert abgehalten wurden.

Die Listen der Teilnehmer sind im Göttinger Urkundenbuch nachzulesen, denn der Rat der Stadt empfing die Gäste und schenkte ihnen Wein aus – allein 1376 fast 300 Liter. Unter Herzog Otto dem Quaden sind mindestens fünf Turniere bezeugt: drei große Turniere wurden am 5. Februar 1368, am 20. Oktober 1370 und am 22. Februar 1376 abgehalten, kleinere am 5. Oktober 1371 und am 25. Juni 1374. Als Gäste führt der Chronist Franziscus Lubecus für 1374 den Grafen von Hohnstein und die Sternergesellschaft an, also eine Rittergesellschaft, die um 1370 zur Bekämpfung der hessischen Landgrafen Heinrich II. und Hermann II. ins Leben gerufen worden war. Ihr gehörten neben dem Mainzer Erzbischof und dem Paderborner Bischof die Grafen von Nassau-Dillenburg, von Katzenelnbogen, von der Mark und von Waldeck, die Äbte von Fulda und Hersfeld sowie zahlreiche Ritter an. Ob sie alle nach Göttingen kamen, ist nicht überliefert. Die Besucherliste des Rates für das Turnier von 1368 führt aber ca. 160 adelige Teilnehmer aus Niedersachsen, Westfalen, Hessen und Thüringen namentlich auf – bei etwa 6000 Einwohnern, die die Stadt damals besaß, eine erhebliche Anzahl, die verköstigt und untergebracht werden musste, zumal jeder Ritter noch einige Begleiter mitbrachte! Zusätzlich kamen Bürger aus den Städten Kassel, Fritzlar, Einbeck, Duderstadt, Northeim und Uslar zu dem Turnier, das offenbar noch nicht gegenüber den bürgerlichen Oberschichten abgeschlossen war. Weiterlesen

Die Maschgemeinde

Zur Geschichte der Maschgemeinde

Die Anfänge der Maschgemeinde hängen eng mit der Geschichte der Pfalz Grone zusammen, die sich auf dem Hagenberg erhob und 915 erstmals bezeugt ist. Der zugehörige Wirtschaftshof befand sich anfangs in Altengrone, aber als die Pfalz im Laufe des 10./11. Jahrhunderts zu einem bedeutenden Aufenthaltsort der Kaiser aufstieg, entwickelte sich direkt unterhalb eine Burgsiedlung, die 1070 zuerst erwähnt wird. 1256 ist der Pfarrer von „Boregrone“ genannt, womit der Name „Burggrone“ erscheint, der nun eine Unterscheidung von „Oldengrone“ ermöglicht. Das Patrozinium der Dorfkirche, Johannis der Täufer, ist 1419 und 1437 überliefert, während die Pfalzkapelle Philippus, Jakobus und Walburga geweiht war. Die Burg, die die Herren von Grone im späten Mittelalter an der Stelle der Pfalz errichteten, wurde in den 1330er Jahren von den Göttingern zerstört, die Siedlung 1387 von Herzog Otto dem Quaden in einer Fehde mit der Stadt. Damals existierten mindestens zwei „Vorwerke“, also herrschaftliche Haupthöfe, mit acht zugehörigen Kothöfen (Kleinbauernstellen) und zwei bis drei „Sattelhöfe“ (adelige Güter) mit elf Kothöfen, also insgesamt 23 Höfe, sowie ein bis zwei Mühlen, die der Rat 1371 erwarb. Ehrhard Kühlhorn schätzte die Länderei des Dorfes aufgrund dieser Angaben auf 52 Hufen (ca. 1560 Morgen). 1387 wurde dem Rat der Besitz des „halben Dorfes“ von König Wenzel bestätigt; er hatte sich also 14 Höfe sichern können, wie aus späteren Angaben zu rekonstruieren ist. Die Göttinger siedelten „ihre“ Dörfler nun am Steinweg (der heutigen Groner Landstraße bis zur Otto-Frey-Brücke), zwischen Hasengraben und Lokhalle an. Weil der Rat aber potentiellen Feinden, die die Stadt belagern wollten, keine Stützpunkte vor den Stadtmauern bieten wollte, wurden den einstigen Bewohnern von Burggrone beim Ausbau der Stadtbefestigung Mitte des 15. Jahrhunderts neue Wohnstätten innerhalb des Walles an den beiden Maschstraßen zugewiesen. Das Gelände hier war sumpfig, worauf der Straßenname „Ma(r)schstrate“ verweist. Die Obere Maschstraße hieß zunächst auch „Kleine“ oder „Kurze Teichstraße“ (so zuerst 1459), daneben „Filter-“ oder „Eulenstraße“, die Untere Masch Straße „Lange“ oder „Buitersche“ (äußere) Maschstraße. Ihr Name „Breite Straße“ verweist darauf, dass diese Straße durch den Bachlauf der „Flote“ (Kuhleine) weiträumiger erschien. Beim Waageplatz mündete die Flote in den Leinekanal.

Deutsche Grundkarte auf geobasis.niedersachsen.de 

  • Rot = Maschgemeinde bis 1937, orange: Maschgemeinde am Steinweg bzw. Hasengraben, 1387-1452.

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Universitätswaisenhaus

Für 187 Jahre von 1751 bis 1938 gab es das Universitätswaisenhaus in der Unteren-Masch-str. 3. Es sollen mehr als 750 Kinder in dieser Zeit hier groß geworden sein. Die Anwesenheit so vieler Kinder muss die Straße und das ganze Viertel mit ihrer Lebendigkeit sehr geprägt haben. Aber wie hat das Leben der Kinder dort ausgesehen? Auf welche Art und Weise hat das Waisenhaus die Straße geprägt? Und wie war die Beziehung zu der Nachbarschaft?

Universitätswaisenhaus um 1898

Das Gebäude in der Unteren-Masch-str. 3 wurde 1750 erworben und ein Jahr später lebten 22 Kinder in dem neuen Waisenhaus. Dieses war der theologischen Fakultät unterstellt, die aber wenig Einfluss ausübte und wenig finanzielle Hilfe leistete. In den folgenden Jahren trug sich das Waisenhaus durch eigen erwirtschaftetes weitgehend selbst. Nach der Übernahme von Teilen des Hauses durch NS-Stellen wurde der Betrieb als Waisenhaus 1938 beendet. Weiterlesen

Danksagung Stadtarchiv

Am 20ten Oktober haben wir als AG Geschichte unsere Nachbarschaft eingeladen gemeinsam im Stadtarchiv auf die Suche zu gehen. Auf die Suche nach Geschichten aus der Unteren und Oberen-Masch-Straße, aus der Goetheallee, der Reitstallstraße, vom Waageplatz, vom Platz der Synagoge, über die Maschgemeinde, die ehemalige JVA, die Heilsarmee, das Waisenhaus, das frühere Stadtbad und das Gewerkschaftshaus. Im Vorfeld hatten wir eine Liste an Schlagworten eingereicht und bekamen passende Quellen vorgelegt, darunter Bildbände, Adressbücher, Zeitungen, Fotos und Sachbücher.

Unseren Dank richten wir an das Stadtarchiv und im besonderen an den Archivar, dessen Vorarbeit uns viele Erkenntnisse ermöglichte!

An dem Besuch haben zwei Dutzend Anwohner*innen und Interessierte teilgenommen. Einige von uns haben ihre Erkenntnisse festgehalten, einige waren zur Vertiefung ein zweites Mal vor Ort. Einzelne Quellen sind auch in der Stadtbibliothek zu finden. Die folgenden Beiträge sind hieraus entstanden:

Die Mauer https://waageplatz-viertel.org/index.php/2022/11/28/jva-gefaengniszeitschrift-die-mauer/

Volksheim https://waageplatz-viertel.org/index.php/2022/11/28/volksheim-der-ursprung-des-gewerkschaftshauses-in-der-om10/

Falls du, geneigte Leser*in ebenfalls daran interessiert bist mit uns die Geschichte unserer Nachbarschaft zu erforschen komm doch zu unserem regelmäßig stattfindenden Treffen – jeden 3. Donnerstag im Monat um 18 Uhr am Platz der Synagoge. Im Winter gehen wir natürlich nach drinnen.

JVA Gefängniszeitschrift: Die Mauer

Die Mauer war eine Gefängniszeitschrift, die von Mai 1985 bis April 1986 in sieben Ausgaben erschien. Die Zeitschrift war kostenlos für die Häftlinge verfügbar und hatte eine Auflage von 350 Stück. Herausgegeben wurde sie von ehrenamtlichen Mitarbeitern, dem Sozialdienst und Pastoi. Und stieß auf große Initiative bei den Gefangenen. So heißt es: „Es soll eine Zeitung von Gefangenen für Gefangene werden, in der aber auch Platz ist für Beiträge von Familienangehörigen und Interessierten.“

„Wir brauchen Hilfe, sollten aber auch jede Möglichkeit wahrnehmen, uns selbst zu helfen. Eine Zeitung könnte Sprachrohr für uns sein, kann über unsere hochkomplizierte und polemische Situation berichten. Wir könnten aus unserer totalen Isolation heraus die Menschen dort draußen erreichen, uns mitteilen. Noch leben wir.“ (Aus „Die Mauer“ Nr. 1, Mai 1985)

In den Zeitungen werden Briefe, Berichte, Probleme und Verbesserungsvorschläge aufgenommen. Auch gibt es Zeichnungen, Rätsel und Gedichte. In der ersten Ausgabe werden auch Vorschläge für ein besseres Miteinander formuliert. Wie z.B keine Kippen aus dem Fenster zu werfen, den Hof sauber zu halten und auf die Mithäftlinge zu achten und regelmäßig zum Gruppensport zu gehen. Für die in U-Haft sitzenden gibt es keine Freizeitbeschäftigungsangebote, auch das soll geändert werden. Z.b durch Filmvorstellungen. Eine Zelle (ca 6m lang, 2.5 , breit, 3,5 m hoch) wird sich von zwei Menschen geteilt. In der Zelle gibt es zwei Betten, zwei Schränke, ein Tisch und zwei Stühle. Eine Toilette und ein Waschbecken. In der Zelle findet alles statt. Sie ist Schlaf-, Ess-, Wohn- und Waschraum. So berichten Häftlinge aus ihrem Alltag: Weiterlesen